Die Macht des Nimbus (German Edition) by Masberg Andreas

Die Macht des Nimbus (German Edition) by Masberg Andreas

Autor:Masberg, Andreas [Masberg, Andreas]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-06-25T22:00:00+00:00


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Die morgendliche Ruhe im Anwesen des Reformators war einem hektischen Treiben gewichen, nachdem er in der Eingangshalle laut den Tod des Bischofs verkündet hatte.

Ignatius hatte auf der Empore gestanden und eine Handvoll Personal generalstabsmäßig mit Befehlen dirigiert.

Dem Diener hatte er die Anbringung des Trauerflors an der Außenfassade befohlen. Das Küchenpersonal hatte Instruktionen erhalten, ein kleines Festmahl zu Ehren des Verstorbenen zuzubereiten. Nur Malum hatte der Reformator wortlos mit einem verschwörerischen Blick bedacht. Ohne Zweifel wusste der Kobold, was er zu tun hatte.

Nicht zuletzt, um dem Trubel zu entgehen, hatte Georg Reichwein die Gelegenheit genutzt und hatte den Reformator um ein Vieraugengespräch mit dem eingesperrten Jungen gebeten. Er hatte den Reformator davon überzeugen können, dass es für seinen Plan besser wäre, den Jungen auf ihrer Seite zu wissen, statt ihn der Stadtwache zu übergeben. Letztere hatte ohnehin im Augenblick genug mit der offiziellen Untersuchung der Todesumstände des Bischofs zu tun.

Die Unruhe hatte sich erst gelegt, als sich der Reformator in die Bibliothek zurückgezogen hatte.

Auf dem Schreibtisch stapelten sich Briefe, die Ignatius nacheinander mit seinem Ring und etwas Wachs versiegelte.

„Was sagt der Junge?“ Er machte sich nicht die Mühe, von den Briefen aufzusehen, als der Eunuch eintrat.

Reichwein nahm auf einem Stuhl Platz und legte die Fingerspitzen aneinander.

„Es hat eine Weile gedauert, das Vertrauen des Jungen wiederzugewinnen“, berichtete er. „Durchaus begreiflich, wenn man bedenkt, dass er heute Morgen hinter Schloss und Riegel erwacht ist.“

„Und was habt Ihr aus ihm herausgebracht?“, fragte der Reformator.

„Nun“, begann der Eunuch zögerlich seinen Bericht. „Ich gehe davon aus, dass er Rosenthal weder gesehen, noch gehört hat. Mit keiner Silbe hat er den Mann erwähnt, auch nach kleinen Andeutungen meinerseits ist er nicht darauf eingegangen.“

Das war ein gutes Zeichen.

Hätte der vorwitzige Bengel die Anwesenheit des Mannes bemerkt, hätte das den Plan, den sie mit dem Jungen hatten, durchkreuzt.

„Und Amra?“ Im Ton des Reformators schwang Argwohn. Hatte der Junge doch ihre Freilassung gefordert, als sie ihn eingesperrt hatten.

„Exzellenz, ich fürchte, was die Kleine im Käfig betrifft, ist die Situation ein wenig verzwickt.“

„Was soll das heißen?“ Gereizt schlug Ignatius mit der Faust auf den Schreibtisch und sah Reichwein drohend an.

Der Eunuch senkte seinen Blick.

„Er hat sie gesehen“, bestätigte er mit gedämpfter Stimme. „Unter Tränen hat er mir gestanden, dass er ihr bereits zuvor begegnet war, und er ihre Gefangenschaft nicht länger ertragen könne.“

Ignatius zu Lichtenfels stöhnte, als er sich in seinen Lehnstuhl zurückfallen ließ. Schnell hatte er sich wieder unter Kontrolle und erkundigte sich mit ruhiger Stimme:

„Was bedeutet das für unseren Plan?“

„Versteht Ihr denn nicht, Exzellenz?“ Der Eunuch sah den Reformator beschwörend an. „Wenn sich die beiden zuvor begegnet sind, weiß der Junge möglicherweise etwas über den Verbleib ihrer Helfer.“

Ignatius riss die Augen weit auf.

„Oder den Nimbus“, beendete er den Satz des Eunuchen und trommelte ungeduldig mit den Fingern auf dem Schreibtisch.

Reichwein setzte ein honigsüßes Grinsen auf.

„Es kommt noch besser“, lockte er. „Der Junge versinkt in herzzerreißendem Schluchzen und vergießt dicke Tränen der Sehnsucht, wenn er von ihr spricht. Auf Knien hat er mich angefleht, ihm ihren Namen zu verraten.“ Selbstzufrieden schloss der Domkapitular mit seinem Bericht.



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